Veranstaltung: | Kreiswahlprogramm 2021 |
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Antragsteller*in: | Kreisvorstand (dort beschlossen am: 13.03.2021) |
Status: | Eingereicht |
Eingereicht: | 14.04.2021, 20:35 |
Antragshistorie: | Version 1 |
A3NEU: Klimaschutz
Text
Dem Klimawandel begegnen – Hameln-Pyrmont for Future!
Nach dem fossilen Zeitalter befinden wir uns an der Schwelle zur ökologischen
Moderne. Es muss darum gehen, die natürlichen Lebensgrundlagen zu bewahren und
die natürlichen Ressourcen nur in dem Maße zu nutzen, wie sie sich auch wieder
erneuern können.
Das Potsdam Institut für Klimafolgenforschung hat gesellschaftliche
Kippmechanismen untersucht, die geeignet sind, kurzfristig einen Durchbruch zur
Klimastabilisierung auszulösen. Eine klimaneutrale Stromerzeugung und der Abzug
von Finanzen aus Wirtschaftssektoren, die das Klima belasten, sind die
wichtigsten kurzfristigen treibenden Kräfte. Der Übergang zu 100 Prozent
erneuerbaren Energien, der Ausstieg aus Kohle, Öl und Gas und damit die
Dekarbonisierung aller Wirtschaftsbereiche sind die Schlüsselaufgaben des
Klimaschutzes.
Dies gelingt nur, wenn Rohstoffe und die für ihre Verarbeitung nötige und in
ihnen gespeicherte Energie massiv eingespart und möglichst vollständig im
Kreislauf geführt und hocheffizient genutzt werden. Dafür ist eine völlig neue
Vernetzung innerhalb und zwischen den Sektoren Strom, Wärme, Verkehr, Industrie,
Dienstleistung und Landwirtschaft nötig. Die europäische Energieunion soll die
verschiedenen Stärken der Regionen – Solarenergie im Süden, Geothermie und
Wasserkraft in Skandinavien und den Alpen, Offshore-Windkraft im Atlantik, im
Mittelmeer und in der Ostsee, Onshore-Windkraft in ganz Europa – miteinander
verbinden. Zentral dafür sind die Entwicklung, der Aufbau und die Nutzung von
Netzen und Speichern.
Die Energiewende wird insbesondere auch in den Kommunen sowie durch regionale
Unternehmen und das Handwerk vorangetrieben. Deshalb ist der Landkreis
gefordert, einen wesentlich größeren Beitrag zum Klimaschutz zu leisten, die
Weichen für den Klimaschutz und die Energiewende zu stellen.
Ausbau der kommunalen Anstrengungen für den Klimaschutz
2010 wurde die Klimaschutzagentur Weserbergland durch starkes GRÜNES Engagement
ins Leben gerufen. Seitdem hat sie sich zu einem landesweiten Leuchtturm
entwickelt. Der Name "Weserbergland" ist Programm. Die Aktivitäten der
Klimaschutzagentur erstrecken sich über die Landkreise Hameln-Pyrmont,
Holzminden und Schaumburg. Neben den vielen Städten und Gemeinden in den drei
Landkreisen sind auch alle drei Landkreise selbst Gesellschafter der
Klimaschutzagentur. Die dadurch bereitgestellten Mittel ermöglichen der
Klimaschutzagentur ein starkes gemeinnütziges Betätigungsfeld. Sie leistet eine
neutrale Beratung für Privatpersonen, die nicht selten Impulsgeber für eine
investive Betätigung ist. Davon profitiert nicht nur das Klima, sondern wir alle
- die Privatpersonen, die ihre laufenden Energiekosten senken, die
Handwerksbetriebe, die Aufträge erhalten und unsere ganze Region durch die
Wertschöpfung, die hier vor Ort generiert wird und die Arbeitsplätze, die
dadurch gesichert werden. Der Gesellschafterbeitrag ist deshalb nicht nur eine
Investition ins Klima und in eine gute Zukunft für uns alle, sondern letztlich
auch ganz praktische Wirtschaftsförderung. Deshalb werden wir uns dafür
einsetzen, dass dieses gemeinnützige Betätigungsfeld der Klimaschutzagentur
nicht nur erhalten sondern weiter gestärkt wird.
Im Rahmen der Nationalen Klimaschutz-Initiative stellt der Bund für die Kommunen
einen ganzen Strauß an Fördermöglichkeiten im Bereich Klimaschutz zur Verfügung.
Aktuell ist die „Kommunalrichtlinie“ als Förderprogramm besonders bedeutsam. Im
Rahmen des Programms kommen finanzielle Förderungen für Klimaschutzpersonal,
Fokusberatung und Potenzialstudien, Energie- und Umweltmanagementsysteme,
Energiesparmodelle für Schulen, KiTas, Sportvereine und Sozialunternehmen, den
Aufbau Kommunaler Netzwerke im Klimaschutz, die Einrichtung von
Radabstellanlagen und Mobilitätsstationen oder den Ausbau der Radinfrastruktur
im Allgemeinen in Betracht. Es sind Förderungen von bis zu 80% der
Gesamtinvestitionen möglich. In unserem Landkreis bleiben diese Förderungen
weitgehend unangetastet. Das wollen wir ändern. Gemeinsam mit der
Klimaschutzagentur wollen wir die kommunalen Anstregungen für den Klimaschutz
ausbauen.
Kommunaler Aufbruch ins Solarzeitalter
Seit 2019 steht den Bürger*innen in den Landkreisen Hameln-Pyrmont, Holzminden
und Schaumburg das Solarportal zur Ermittlung des Potenzials ihrer Dächer für
die Nutzung von Photovoltaik (PV) zur Verfügung. Dies ist eine wichtige und
bewusst niedrigschwellige Entscheidungshilfe, um überhaupt den Weg zu einer
weiteren Beratung in Sachen eigener Stromerzeugung zu gehen. Dennoch wird das
Potenzial der geeigneten Dächer bislang bei weitem nicht ausgeschöpft. Dies hat
vielfältige Gründe, die sicherlich viel damit zu tun haben, dass die Senkung der
laufenden Energiekosten eines Haushaltes durch eine PV-Anlage stark davon
abhängt, wie hoch der Eigenverbrauch der Bewohner*innen ist. Je mehr PV-Strom
selbst verbraucht und nicht ins Netz eingespeist wird, desto höher ist heute die
Rentabilität der Anlage. Je nach Haushalt kann dies also weitere Investitionen
nach sich ziehen, wie zum Beispiel die Installation eines Stromspeichers, die
Umstellung auf Elektromobilität oder die Anpassung der Heizungsanlage auf
strombasierte Wärmepumpen oder Speicheröfen.
Hier setzt einerseits die Solarkampagne der Klimaschutzagentur an, die die
Bürger*innen neutral und gemeinnützig bei den anstehenden Entscheidungen berät
und unterstützt. Neben der Begutachtung des Daches wird auch der individuelle
Strom- und Wärmeverbrauch in die Beratung einbezogen. Andererseits scheuen
Privathaushalte eine solche Investition insbesondere dann, wenn das benötigte
Kapital zunächst aufgenommen werden muss.
Die Rolle der kommunalen Stadtwerke
Diese Lücke wollen BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gemeinsam mit den kommunalen
Stadtwerken Weserbergland, Hameln und Bad Pyrmont schließen. Mit Pacht- oder
Fördermodellen möchten wir unsere Bürger*innen ermutigen, durch eine eigene
Anlage, die Energiewende voranzubringen und ihnen die finanzielle Entscheidung
hierfür erleichtern. Gleichzeitig wollen wir, dass kommunale Energieversorger
unseren Bürger*innen Lösungen anbieten, um ihren Eigenverbrauch aus dem selbst
erzeugten PV-Strom zu steigern. Dies ist zum Beispiel möglich durch die
Etablierung eines intelligenten Speichernetzes, in dem die PV-Anlagen und
Stromspeicher der Kund*innen virtuell miteinander verbunden werden. Je nach
Bedarf und Wetterlage können die Kund*innen überschüssigen Strom in die
Community einspeisen oder benötigten Strom hieraus beziehen. Die intelligente
Vernetzung ermöglicht privaten Haushalten eine maximale Steigerung des
Eigenverbrauchs und die Direktvermarktung des überschüssigen Stroms.
Um das Ziel einer 100%igen Klimaneutralität bis 2050 zu erreichen, ist die
Verkehrswende von zentraler Bedeutung. Dies beinhaltet auch den Umstieg auf
Elektromobilität. Die Stadtwerke können dabei als treibende Kraft agieren, indem
sie sich am Ausbau der Ladeinfrastruktur beteiligen. Neben der Installation von
öffentlichen Ladesäulen spielt dabei insbesondere die Förderung der privaten
Ladeinfrastruktur eine entscheidende Rolle. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN wollen, dass
die Stadtwerke Kooperationen mit Wallbox-Herstellern eingehen um unseren
Bürger*innen Ladelösungen zum Vorzugspreis anzubieten. Darüber hinaus wollen wir
spezielle Autostromtarife einführen, die 100% Ökostrom zum reduzierten
Arbeitspreis beinhalten.
Alle kommunalen Stadtwerke in Hameln-Pyrmont sollen zudem spezielle Tarife für
strombasierte Heizsysteme anbieten, die ebenfalls 100% Ökostrom zum reduzierten
Arbeitspreis beinhalten.
Mittelfristig wollen wir, dass unsere Stadtwerke sich aus allen fossilen
Energieerzeugungen zurückziehen sowie bis spätestens 2030 treibhausgasneutral
werden und nur noch Strom aus 100% erneuerbaren Quellen anbieten.
Zukunft 100% Erneuerbare Energien
Um die Kräfte zu bündeln und die Akteur*innen der Energiewende im Landkreis an
einen Tisch zu bringen, wollen wir den Runden Tisch "Zukunft 100% Erneuerbare
Energien", der 2012 als "Runder Tisch Virtuelles Kraftwerk" gestartet ist,
reaktivieren. Der Runde Tisch wird sowohl im Klimaschutz-Teilkonzept erneuerbare
Energien als Maßnahme empfohlen und findet sich als regelmäßiges Akteursforum
auch in den Empfehlungen des Masterplans 100 % Klimaschutz wieder. Er ist
Plattform für den Austausch über Projekte im Bereich erneuerbarer Energien. Die
Netzwerkarbeit soll kontinuierlich weitergeführt und verstärkt werden. Der Runde
Tisch ist Forum für Fachimpulse für Zukunftsthemen, für moderierte Diskussionen
zu aktuellen Fragestellungen sowie Austausch von Informationen.
Masterplan Klimaschutz umsetzen!
Insgesamt steht mit dem Masterplan Klimaschutz ein wichtiges Instrument zur
Senkung der Treibhausgase um 95% gegenüber 1990 und zur Reduktion des
Endenergieverbrauchs um 50% gegenüber 2010 zur Verfügung. Wir wollen den
Masterplan mutig und konsequent umsetzen. Der vorgeschlagene Maßnahmenkatalog
umfasst 87 Punkte, die mehr oder weniger umfangreich und langwierig in der
Umsetzung sind. Sie müssen in einer politischen 5-Jahres-Agenda nach Wichtigkeit
und Dringlichkeit priorisiert und zu Jahrespaketen gebündelt werden. Dies ist
eine Aufgabe für die ersten 100 Tage der Wahlperiode des neuen Kreistages. Zudem
müssen dafür entsprechende finanzielle Mittel in den Haushalt eingestellt werden
– natürlich unter Nutzung der vorhanden Förderkulissen durch Bund und Land. Als
Folge der Corona-Pandemie bieten Bund und Land derzeit so attraktive
Förderprogramme wie nie zuvor an, die zum Teil eine 100 % Förderung vorsehen.
Damit soll verhindert werden, dass die Klimaschutzbemühungen aufgrund der
knappen kommunalen Haushalte zum Erliegen kommen. Diesen Umstand wollen wir
nutzen.
Die Umsetzung des Masterplans wollen wir durch eine Teilnahme am European Energy
Award (eea) sicherstellen. Der eea ist ein Programm für umsetzungsorientierte
Energie- und Klimaschutzpolitik in Städten, Gemeinden und Landkreisen. Er ist
prozessorientiert angelegt. Ziel des Programms ist es, Energieeinsparung und die
effiziente Nutzung von Energie in der Kommune zu unterstützen und den Einsatz
regenerativer Energien zu steigern. Mit einer systematischen Ist-Analyse
bewertet die Kommune den Stand ihrer energie- und klimapolitischen Arbeiten und
ermittelt eigene Stärken und Schwächen. Auf Basis dieser Erkenntnisse werden
weitere Maßnahmen identifiziert, geplant und umgesetzt. Die Klimaschutzagentur
Weserbergland und das Institut für Solarenergieforschung Hameln (ISFH) könnten
das Verfahren als eea-Berater begleiten. Alle vier Jahre würde die Arbeit einer
externen, unabhängigen Auditierung unterzogen, um die erreichten Fortschritte zu
quantifizieren. Durch die systematische Erfassung der bisherigen Arbeit sowie
durch die Planung und Umsetzung neuer Projekte wird die Energieeffizienz in den
Kommunen kontinuierlich gesteigert.
Neben einem jährlichen Energiebericht für die eigenen Liegenschaften des
Landkreises wollen BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die Erstellung eines jährlichen
Klimaschutzberichtes erreichen. Diese Berichte sollen die Ergebnisse der
Klimaschutzarbeit der Verwaltung dokumentieren, ein Monitoring der
Zielerreichung und einen Umsetzungsfahrplan für das jeweilige kommende Jahr
beinhalten. Die Berichte sollen der Politik präsentiert werden. Es sollen des
Weiteren konkrete Zwischenziele für die CO2-Einsparung und die Verringerung des
Energieverbrauchs für 2025/2030/2035/2040/2045 festgelegt werden.
Mach Dein Haus fit!
Das Heizen von gewerblichen und privaten Gebäuden macht mehr als 10% der CO2-
Emissionen aus. Deutschlandweit und insbesondere in Hameln-Pyrmont liegen hier
viele „niedrig-hängende Früchte“, also ein Einsparpotential welches mit geringem
Aufwand und in vielen Fällen einem finanziellen Plus für
Wohngebäudebesitzer*innen gehoben werden kann. Der Gebäudebestand im Landkreis
ist im überregionalen Vergleich eher betagt und der Sanierungsstau relativ groß.
Vergleichbar mit dem Austausch von Glühbirnen durch LEDs, findet eine Erneuerung
der Heizsysteme aufgrund der im Vergleich hohen Anfangskosten und der
Verunsicherung der Beteiligten oft nicht statt. Analog zu der Abschaffung von
Glühbirnen gibt es bei Heizungen die Energieeinsparverordnung (EnEV), die einen
Zeitplan für den Austausch vorgibt.
Wir wollen die bereits bestehende Kampagne „Mach Dein Haus fit!“ der
Klimaschutzagentur um eine formale Kooperation zwischen der Klimaschutzagentur,
den Stadtwerken (als Betreiber der Fernwärmenetzte), den
Bezirksschornsteinfegern, der Energieagentur und der Verwaltung des Landkreises
erweitern. Diese Kooperation soll eine Bestandsaufnahme durchführen, also
feststellen, welche Fortschritte bei dem Austausch alter Heizungen bisher
erreicht wurden und in welchen Orten, Stadtteilen und Straßenzügen der EnEV eine
Sanierung in den nächsten Jahren vorschreiben wird. Dies muss dazu führen, dass
in diesen Nachbarschaften die Beratung und (wenn sinnvoll) der Ausbau von
Fernwärme forciert wird, um die CO2-Emissionen im Landkreis nachhaltig zu
senken.
Änderungsanträge
- Ä1 (Luc Appold (KV Hameln-Pyrmont), Zurückgezogen)